Jetzt wo so vieles online stattfindet, haben wir etwas neues für euch! Ich habe begonnen, ein paar „konversationelle Interviews“ zu führen mit Menschen, deren Perspektive mich interessiert, die über Dinge schreiben oder erzählen, die ich nicht komplett verstehe.

Dabei ist die Hoffnung, dass mein Versuch, das besser zu verstehen, ein interessantes Video ergibt und ihr im besten Fall nachher auch etwas besser versteht als vorher! Das Ganze ist kein klassisches Interview – das würde ja auch zu unseren Ideen über Gespräche und gemeinsam konstruierte Wirklicheiten sehr schlecht passen. Stattdessen ist es ein Gespräch, dem ihr beiwohnen könnt.

Den Anfang mach Poh Lin Lee mit einem Interview über Liminalität. Diesen Begriff hat sie in einer Rundmail benutzt, und ich habe ihn nicht verstanden… Ein Blick ins Wörterbuch hat mir verraten, dass wir im Deutschen dazu „Schwellen…“ sagen würden. Also sind „liminal spaces“ Schwellenräume, Räume des Übergangs, nicht mehr hier, aber noch nicht dort… Darüber sprechen wir für 20 Minuten und ich finde es ist ein aufschlussreiches Video geworden (zum Glück sowohl mit englischen wie auch deutschen Untertiteln)!

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Poh Lin Lee hat in ihrer Arbeit sehr eindrücklich Menschen in solchen „Schwellenräumen“ getroffen, denn sie hat auf Christmas Island gearbeitet, der Insel, auf der in Australien Aslysuchende interniert werden. Die Lage dieser Menschen ist schrecklich – sie wissen nicht wie es weitergeht und sind gezwungen, in diesem Zwischenzustand, eben einem liminalen Raum, irgendwie zu leben. Ein Zitat der Wikipedia zeigt deutlich die wirkenden Machtverhältnisse, die Poh im Gespräch auch anmerkt:

Obwohl Christmas Island zum australischen Hoheitsgebiet gehört, entfernte die australische Regierung dieses Gebiet von der offiziellen Migrationszone Australiens, damit Asylsuchende dort keine Asylanträge mehr stellen können, was ihnen auf dem Festland rechtlich zusteht.

Wikipedia: Christmas Island Immigration Reception and Processing Centre

Trotz der Schwere dieser Umstände ist es Poh immer gelungen, auf eine einfühlsame, respektvolle und offene Art und Weise in die Arbeit zu gehen, die ihren Gegenübern erlaubt, Worte für ihr Erleben zu finden. Der eindrucksvolle Film „Island of the hungry ghosts“ von Gabrielle Brady porträtiert ihre Arbeit total schön.

Wir sind sehr gespannt, wie diese Art von Interviews bei euch ankommen. Nächsten Montag gibt es das nächste! 🙂

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